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DSGVO-Abmahnbarkeit – BGH legt Frage vor

DSGVO-Abmahnbarkeit – BGH legt Frage vor

Von Timo Schutt 17. Dezember 2020

Können Wettbewerber DSGVO-Verstöße abmahnen?

Juristen lieben ja das Streiten. So ist es auch immer noch umstritten, ob Verstöße gegen die DSGVO mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts abgemahnt werden können.

Ich habe schon mehrfach zu diesem Problem berichtet und genüsslich die Urteile dafür und dagegen kommentiert. Die Gerichte sind sich – wen wundert es – genauso uneinig. Dort sitzen ja auch Juristen.

Eine leicht überwiegende Zahl der Entscheidungen spricht sich im Moment für die Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen im Grundsatz aus.

BGH will Sache klären und fragt den EuGH

Um die Sache jetzt endlich zu klären, hat der Bundesgerichtshof (BGH) als höchstes deutsches Zivilgericht den Ball ins Spielfeld des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als höchstes europäisches Zivilgericht gespielt.

Juristisch formuliert:

Der BGH hat die Frage vorgelegt, ob „die Regelungen in Kapitel VIII, insbesondere in Art. 80 Abs. 1 und 2 sowie Art. 84 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 nationalen Regelungen entgegen[stehen], die … einerseits Mitbewerbern und andererseits nach dem nationalen Recht berechtigten Verbänden, Einrichtungen und Kammern die Befugnis einräumen, wegen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 … gegen den Verletzer … vorzugehen“.

Oder – auf Deutsch: Der EuGH soll auf Frage des BGH endlich klären, ob DSGVO-Verstöße nach deutschem Recht von Wettbewerbern, Abmahnvereinen, Verbraucherschutzverbänden etc. kostenpflichtig abgemahnt bzw. mit der Klage verfolgt werden dürfen.

Warum die Abmahnbarkeit umstritten ist

Wenn es sich bei der DSGVO um eine Marktverhaltensregelung (§ 3 a UWG) handelt, dann darf grundsätzlich abgemahnt werden. Und zwar vor allem dürften das Mitbewerber, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände.

Dagegen wird aber vorgebracht, dass die DSGVO abschließende Regelungen zu Rechtsbehelfen und Sanktionen enthält, sodass eine Ahndung von Datenschutzverstößen über UWG und UKlaG unzulässig sei.

Regelt die DSGVO das Marktverhalten?

Umstritten ist dabei schon, ob der DSGVO überhaupt marktverhaltensregelnder Charakter zukommt (ob sie also „auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln“).

Das wird teilweise pauschal verneint, da die DSGVO andere Rechte schütze, als die Interessen der Marktteilnehmer. 

Nach anderer Auffassung ist für jede Vorschrift der DSGVO gesondert zu prüfen, ob eine Marktverhaltensregelung vorliegt.

Schließlich wird vertreten, dass die DSGVO insgesamt als Marktverhaltensregelung anzusehen ist.

Der BGH hat sich in seiner Vorlage an den EuGH jedenfalls nicht ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob datenschutzrechtliche Regelungen als Marktverhaltensregelungen anzusehen sind.

Abmahnbarkeit nach meiner Meinung gegeben

Die besseren Argumente sprechen meiner Meinung nach für eine Abmahn- und damit Klagebefugnis von Mitbewerbern und Verbänden. Die DSGVO ist hinsichtlich der Ahndung von Verstößen nicht abschließend. So ist bspw.  in den Artikeln 77 und 78 DSGVO von „anderweitigen“ Rechtsbehelfen die Rede. Artikel 84 DSGVO lässt auch „andere Sanktionen“ zu.

Eine Abmahn- und Klagebefugnis der in § 8 Abs. 3 UWG genannten Personen, Verbände und Einrichtungen dient schließlich auch einer effektiven Durchsetzung des Datenschutzrechts und steht damit eindeutig im Einklang mit den Zielen der DSGVO.

Jetzt heißt es abwarten

Bis der EuGH sich mit der Vorlagefrage beschäftigt, wird noch ein bisschen Zeit vergehen. Bis dahin müssen wir alle mit der Rechtsunsicherheit leben.

Die Abmahner stehen in den Startlöchern und lauern auf das Urteil.

So oder so hoffe ich jedenfalls, dass es eine deutliche und klare Entscheidung wird und wir nicht danach genauso ratlos dastehen, wie im Moment.

Wir werden sehen.

Timo Schutt
Fachanwalt für IT-Recht
Ihr DatenschutzPartner