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Arbeitsverhältnis: Umfassende Auskunft

Arbeitsverhältnis: Umfassende Auskunft

Von Timo Schutt 4. Juni 2019

Bekanntlich kann der Betroffene nach Artikel 15 DSGVO jederzeit Auskunft über von ihm verarbeitete personenbezogene Daten verlangen. Das gilt dann selbstverständlich auch im Arbeitsverhältnis für einen Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber. 

Übrigens denken nach meiner Wahrnehmung viele Unternehmen nicht daran, auch die Mitarbeiter nach Artikel 12, 13 DSGVO über die Datenverarbeitung zu informieren und in der Regel wird auch nicht an das Schriftlichkeitsgebot bei Einwilligungen gedacht (beispielsweise für die Nutzung von Mitarbeiterfotos auf der Webseite oder in Werbemitteln). Aber das ist einen eigenen Beitrag wert.

LAG Stuttgart: Auskunft auch für Arbeitnehmer

Jedenfalls hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart entschieden, dass in einem Arbeitsverhältnis auch ein Auskunftsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO besteht.

Auch verhaltens- und leistungsbezogene Daten

Soweit, so gut. Denn das ist in der Tat wenig spektakulär. Spannender aber ist die Frage des Umfangs dieser Auskunft. Muss also der Arbeitgeber auch leistungsbezogene und verhaltensbezogene Daten beauskunften?

Auch hier sagt das LAG: Ja. Von dem Auskunftsanspruch umfasst seien nämlich auch alle personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten des Arbeitnehmers aus seiner Personalakte.

Und jetzt wird es ganz delikat: In dem Sachverhalt ging es wohl darum, dass ein Hinweisgeber aus dem Unternehmen den Arbeitnehmer verpfiffen hat. Und natürlich wollte der Arbeitnehmer  mit dem Auskunftsanspruch herausfinden, um wen es sich da handelt.

Hier keine Einschränkung nach BDSG

Zwar könne der Auskunftsanspruch, so die Stuttgarter Richter, grundsätzlich gemäß § 34 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 29 Abs. 1 S. 2 BDSG wegen entgegenstehenden Interessen Dritter ausgeschlossen oder beschränkt sein. Der Schutz von Hinweisgebern als allgemeiner Grund sei dafür jedoch nicht ausreichend.

Auch die Befürchtung, dass zukünftige Hinweise durch Mitarbeiter aus Angst vor Repressalien ausblieben, rechtfertige eine Beschränkung des Auskunftsanspruches nicht.

Abwägung und detaillierte Darlegung nötig

Der Arbeitgeber habe diesbezüglich detailliert darzulegen, auf welche genauen Informationen (Sachverhalt/Vorfall/Thema in zeitlicher und örtlicher Eingrenzung nebst handelnden Personen) sich das berechtigte Interesse an einer Geheimhaltung bezieht und warum das Geheimhaltungsinteresse bei einer Abwägung im Einzelfall das Auskunftsinteresse des Mitarbeiters überwiegt. Könne oder wolle er das nicht muss er also alle Informationen beauskunften und ist nicht berechtigt Daten, die er für Geheimhaltungsbedürftig hält, zurückzuhalten.

(Urteil des LAG Stuttgart vom 20.12.2018, Aktenzeichen 17 Sa 11/18)

Meine Meinung

Das Auskunftsrecht des Betroffenen ist ein scharfes Schwert. Nur unter ganz engen und begründungsbedürftigen Voraussetzungen dürfen Informationen als geheim eingestuft und zurückgehalten werden. 

Anders herum gesagt muss also in der Regel alles beauskunftet werden, was an personenbezogenen Daten zu dem Betroffenen gespeichert ist.

Hat also bspw. ein Unternehmen in seinem CRM-System umfassende Informationen zu den Kunden/Kontakten hinterlegt, wie bspw. Vorlieben, Hobbies, Urlaube o.ä., so sind auch diese Informationen grundsätzlich Teil des Auskunftsanspruches, wenn und soweit sie personenbezogen sind.

Werden Informationen zurückgehalten, kann gerichtlich die vollständige Auskunft durchgesetzt werden.

Ob hier tatsächlich die allgemeine Abwägung, dass Hinweisgeber zu schützen sind und deren Daten daher nicht Teil der Auskunft sein können, unzureichend ist, darf aber mit guten Gründen in dieser Absolutheit bezweifelt werden. Denn hier spielen die Rechte des Hinweisgebers und die ihm sicherlich zugesagte Vertraulichkeit eine entscheidende Rolle. Alleine der Nachweis, dass es sich um einen solchen vertraulichen Umstand gehandelt hat, sollte ausreichend sein, um die Ausnahme des § § 34 Abs. 1 BDSG i.V.m. § 29 Abs. 1 S. 2 BDSG herbeizuführen.

Denn in § 29 Absatz 1 Satz 2 BDSG heißt es: 

Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht ergänzend zu den in Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Ausnahmen nicht, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

Aber auch beim Umfang der Auskunftspflicht nach Artikel 15 DSGVO stehen wir noch am Anfang der Rechtsprechung. Sicherlich werden die Kriterien für die Ausnahmeregelung noch genauer und etwas feiner definiert werden.

Timo Schutt
Datenschutzberater
Fachanwalt für IT-Recht
DSGVO-Man