BGH zu Werbe-Einwilligung und Cookie-Einwilligung
Von Timo Schutt 9. Juli 2020Bundesgerichtshof entscheidet über wirksame Werbe-Einwilligung und Cookie-Einwilligung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schon in einer Pressemitteilung vom 28.05.2020 mitgeteilt, wie er in seiner “Cookie-Entscheidung” (Das Urteil hat vom BGH auch den offiziellen Titel: “Cookie-Einwilligung II” bekommen) zu Werbe-Einwilligung und Cookie-Einwilligung geurteilt hat. Jetzt liegen auch die schriftlichen Urteilsgründe vor.
Kurz noch einmal, um was es geht:
Der Bundesgerichtshof hatte einen Fall vorliegen, bei dem der Nutzer einer Webseite für die Teilnahme an einem Gewinnspiel eine Einwilligung in Werbung gegenüber 57 einzeln ausgeführten Unternehmen erklären sollte (Werbe-Einwilligung). Man konnte für jedes Unternehmen die Einwilligung per Klick abwählen. Die Hauptfrage bestand darin, ob diese Einwilligung so wirksam eingeholt werden kann.
Die zweite Frage war, ob mit einem schon angekreuzten Kästchen (so genannte “Checkbox”), das der Nutzer abwählen kann, wirksam in das Setzen von Cookies zu Werbe- und Marketingzwecken eingewilligt werden kann (Cookie-Einwilligung).
Mindestens der Haken für die Werbe-Einwilligung musste gesetzt werden, um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können. Den schon gesetzten Haken für die Cookie-Einwilligung konnte man entfernen.
Der BGH hat vorher schon den Europäischen Gerichtshof (EuGH) dazu befragt, wie dort das Thema wirksame Einwilligung gesehen wird. Denn die Vorschriften beruhen auf europäischem Recht. Der EuGH hatte sich dazu also schon geäußert. Jetzt musste der BGH abschließend sein Urteil dazu sprechen.
Was der BGH im Ergebnis zu Werbe-Einwilligung und Cookie-Einwilligung sagt
Im Ergebnis sagt der BGH:
- Nein, das ist keine wirksame Einwilligung. Denn die Liste der Unternehmen ist zu lang, um eine Auswahl zu treffen und
- Cookies für Werbung und Marketing (also nicht technisch notwendige Cookies) dürfen nur nach Einwilligung gesetzt werden und das Kästchen darf nicht vorangekreuzt sein.
Etwas juristischer drückt das der BGH in den so genannten Leitsätzen des Urteils aus:
BGH, Urteil v. 28.05.2020 – I ZR 7/16
1. Eine wirksame Einwilligung in telefonische Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG liegt nicht vor, wenn der Verbraucher bei der Erklärung der Einwilligung mit einem aufwendigen Verfahren der Abwahl von in einer Liste aufgeführten Partnerunternehmen konfrontiert wird, das ihn dazu veranlassen kann, von der Ausübung dieser Wahl Abstand zu nehmen und stattdessen dem Unternehmer die Wahl der Werbepartner zu überlassen. Weiß der Verbraucher mangels Kenntnisnahme vom Inhalt der Liste und ohne Ausübung des Wahlrechts nicht, die Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmer die Einwilligung erfasst, liegt keine Einwilligung für den konkreten Fall vor.
2. § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG ist mit Blick auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass der Diensteanbieter Cookies zur Erstellung von Nutzungsprofilen für Zwecke der Werbung oder Marktforschung nur mit Einwilligung des Nutzers einsetzen darf. Eine elektronisch zu erklärende Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, genügt diesem Einwilligungserfordernis nicht.
Den kompletten Text (so genannter “Volltext”) des Urteils können Sie auf der Website des BGH direkt abrufen.
Sie können dort auch im so genannten Tatbestand nachlesen, was die beklagte Firma ganz genau für Texte verwendet hat und wie diese eingesetzt wurden. Das hilft Ihnen dabei, nicht dieselben Fehler zu machen.
Was bedeutet das Urteil für Webseiten und Einwilligungen?
Zum Thema Werbe-Einwilligung ist zu raten:
Keep it simple. Je aufwändiger die Einwilligung gestaltet ist, um so eher ist sie unwirksam. Die Liste von 57 Unternehmen war schlicht zu lang. Das Abmeldeverfahren war zu aufwändig. Denn der Nutzer konnte zwar bei jedem Unternehmen ab wählen, also die Einwilligung verweigern. Aber er hätte das für jedes Unternehmen einzeln per Klick entscheiden müssen. Also macht er was? Richtig, er verzichtet und stimmt einfach global zu. Das hat der BGH schon richtig gesehen. Denn kaum jemand macht sich wirklich für ein Gewinnspiel diese Mühe.
Bei der Cookie-Einwilligung gilt:
Der BGH hat das bisherige deutsche Recht durch Auslegung mehr oder weniger ins Gegenteil verkehrt. Er sagt also im Ergebnis wegen des höheren europäischen Rechts: Keine Werbe-Cookies ohne Einwilligung. Sie müssen also, wenn Sie Cookies zum Zwecke der Werbung und des Marketing bzw. der Marktforschung setzen wollen, vorab eine wirksame Einwilligung einholen. Und wirksam, das ist das zweite Learning hier, ist die Einwilligung nicht, wenn das Kästchen schon angekreuzt ist. Also: Der Nutzer muss freiwillig, informiert und aktiv selbst das Kästchen anhaken und damit seine Einwilligung erteilen.
Wichtig: Das gilt nicht für technisch notwendige Cookies (bspw. Spracheinstellungen, Login-Einstellungen, Warenkorbfunktion), ohne die die Seite nicht funktionieren würde. Diese Cookies dürfen ohne Einwilligung eingesetzt werden. Sie müssen aber in der Datenschutzerklärung transparent über den Einsatz dieser Cookies informieren.
Dass Ihnen beim Einholen von Einwilligungen für Werbe-Cookies die Conversion flöten geht, liegt auf der Hand. Aber ganz offen: Den Juristen interessiert das nicht. Rechtswidrige Einwilligungen sind unwirksame Einwilligungen. Und das kann für Sie dann ganz böse Folgen haben. Ganz davon abgesehen, dass Sie sich auf solche Einwilligungen nicht berufen können und die gesamte Datenverarbeitung rechtswidrig ist.
Weitere Anforderungen für eine wirksame Cookie-Einwilligung:
- Der EuGH hatte vorher zu den Informationen bei einer Cookie-Einwilligung noch entschieden, dass Angaben zur Funktionsdauer der Cookies und dazu, ob Dritte Zugriff auf die Cookies erhalten können, zu den Informationen zählen, die dem Nutzer unbedingt gegeben werden müssen. Fehlen diese Infos , liegt also auch keine wirksame Einwilligung vor.
- Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) hat kürzlich gesagt, dass ich als Webseitenbetreiber auch ein Nein akzeptieren muss. Das zurzeit oft gewählte Friss-oder-Stirb-Prinzip (Nach dem Motto: Wenn Du die Cookies nicht akzeptiert, kannst Du nicht auf meiner Seite surfen) ist also auch unzulässig!
Ich berate und unterstütze meine Kunden zu allen Fragen rund um Einwilligung, Webseite, Informationspflichten uvm. Setzen Sie sich jederzeit mir mir in Verbindung und lassen Sie sich beraten (info@meindatenschutzpartner.de).
Timo Schutt
Ihr DatenschtzPartner
Fachanwalt für IT-Recht