Gilt die DSGVO für Blogger?
Eines ist gewiss: Die DSGVO gilt nicht für alle gleich. Sie sieht Ausnahmen für Presse und Medien vor. Denn hier geht es um die Meinungs- und Pressefreiheit. Diese darf in der Abwägung der Grundrechte nicht über Gebühr durch die Rechte der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt werden. Der Presse muss es also möglich sein über Personen zu berichten, Namen zu nennen und Bilder zu nutzen, ohne bspw. jeweils Einwilligungen einholen zu müssen.
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kennt daher ein Medienprivileg. Es ist in Artikel 85 Absatz 2 DSGVO geregelt. Letztlich besagt die Vorschrift, dass die einzelnen Mitgliedstaaten der EU Ausnahmen und Abweichungen von vielen Kapiteln der DSGVO zu Gunsten der Presse vorsehen können.
Einig ist man sich darüber, dass die Ausnahmen und Abweichungen nicht nach Geltung der DSGVO neu geschaffen werden müssen. Auch schon vorher bestehenden Gesetzen können also eine zulässige Abweichung von der DSGVO sein.
So hat das Oberlandesgericht Köln bereits entschieden, dass sich die Presse auf das Kunsturhebergesetz (KUG) weiter berufen darf, wenn es um die Nutzung von Bildern geht. Denn eigentlich ist jedes Bild, auf dem Menschen zu sehen sind, ein personenbezogenes Datum. Die Betroffenen dürften also jederzeit ohne Einschränkung der weiteren Nutzung widersprechen. Das KUG aber regelt, dass ein Widerruf nur unter sehr engen Grenzen erlaubt ist, so dass die Presse hier nicht in die Gefahr gerät, Bilder wieder „einsammeln“ zu müssen.
Geändert für die DSGVO wurden bspw. der Rundfunkstaatsvertrag und die Landespressegesetze, die die weitgehenden Ausnahmen von der DSGVO konkretisieren und in das deutsche Recht übertragen.
Was aber hoch umstritten ist, ist die Frage, wer genau unter den Begriff „Presse“ hier fällt. Da es sich um eine Ausnahme vom Datenschutzrecht handelt, kann man zunächst davon ausgehen, dass der Begriff sehr eng zu verstehen ist, also nicht jeder „Hobbyjournalist“ sich auf dieses Privileg berufen kann.
Jetzt hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein richtungsweisendes Urteil gesprochen:
Das höchste europäische Gericht sagt, dass auch private Blogs zur Presse im Sinne des Medienprivilegs gehören können (EuGH, Urteil vom 14. Februar 2019 – C-345/17).
Das bedeutet, dass auch für private Blogger die DSGVO weitgehend nicht gilt.
Wichtig: Das gilt nur dann, wenn die Berichterstattung bzw. die Veröffentlichung ausschließlich zum Ziel hat, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten.
Das wiederum ist eine Frage des Einzelfalls. Die Gerichte werden also ganz genau prüfen, ob eine bestimmte Berichterstattung ausschließlich diese Ziele verfolgt. Ist das nicht der Fall, dann gilt die DSGVO ohne Ausnahme. Also ist hier ein gewisses Risiko nicht zu vermeiden.
Aber für den typischen privaten Blogger, der mit seinen Beiträgen ein (vermeintliches) öffentliches Interesse befriedigen will bzw. eine Meinung verbreiten möchte, ist die DSGVO in vielen Teilen unbeachtlich.
Timo Schutt
Fachanwalt für IT-Recht & DSGVO-Man