Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 5. Juni 2025 (Az.: 8 AZR 117/24) entschieden, dass Arbeitgeber Bewerber darüber informieren müssen, wenn sie im Rahmen des Bewerbungsverfahrens personenbezogene Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Google verwenden. Geschieht dies nicht, droht ein Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO. Ein wegweisendes Urteil – mit unmittelbarer Relevanz für Unternehmen jeder Größe.

Der Fall: Internetrecherche über Bewerber – und ihre Folgen

Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München hatte sich auf eine Stelle im Justiziariat der Universität Düsseldorf beworben. Der zuständige Personalleiter recherchierte im Vorfeld des Vorstellungsgesprächs den Namen des Bewerbers bei Google. Dabei stieß er auf verschiedene Medienberichte sowie einen Wikipedia-Eintrag, in dem ein nicht rechtskräftiges Strafverfahren gegen den Bewerber erwähnt wurde.

Zwar wurde dieses Verfahren im Bewerbungsgespräch nicht direkt angesprochen, wohl aber die mediale Bekanntheit des Bewerbers. Die ausgeschriebene Stelle erhielt letztlich eine Mitbewerberin. Der Bewerber klagte – unter anderem wegen Datenschutzverstößen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf sprach ihm 1.000 EUR Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu, weil die Universität ihn nicht darüber informiert hatte, dass sie personenbezogene Daten aus der Google-Recherche im Auswahlprozess verwendet hatte. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung nun bestätigt.

Klare Rechtsfolge: Informationspflicht bei Internetrecherche

Das BAG stellt klar: Auch öffentlich zugängliche Informationen (z. B. aus Suchmaschinen oder Wikipedia) unterliegen den Regeln der Datenschutz-Grundverordnung. Sobald solche Daten erhoben oder verwendet werden, handelt es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten – mit allen Pflichten, die die DSGVO vorsieht.

Dazu gehört insbesondere die Pflicht, betroffene Personen zum Zeitpunkt der Erhebung über die Herkunft, Art und den Zweck der Datenverarbeitung zu informieren (Art. 14 DSGVO). Diese Pflicht entfällt nicht dadurch, dass die Daten öffentlich abrufbar sind – ein weit verbreiteter Irrtum in der Praxis.

Was bedeutet das für Unternehmen in der Praxis?

1. Online-Recherche ist erlaubt – aber nicht anonym

Unternehmen dürfen Bewerber googeln. Aber sie müssen offenlegen, dass sie es tun – und welche Informationen dabei verwendet werden. Das gilt unabhängig davon, ob die Recherche vor, während oder nach einem Vorstellungsgespräch erfolgt.

Das bedeutet konkret: Wer Informationen aus dem Internet zur Einschätzung eines Bewerbers heranzieht, muss dies dem Bewerber aktiv mitteilen – idealerweise dokumentiert, z. B. im Rahmen der Datenschutzinformation für Bewerbungsverfahren.

2. Verstoß kann Schadensersatzpflicht auslösen

Schon das bloße Unterlassen der Information kann ausreichen, um einen immateriellen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO auszulösen. Ob die Information inhaltlich korrekt war, spielt dabei zunächst keine Rolle – es geht um die Verletzung der Informationspflicht selbst.

Der hier zugesprochene Betrag (1.000 EUR) mag überschaubar sein – das finanzielle Risiko kann sich jedoch schnell summieren, insbesondere bei größeren Bewerbungsprozessen oder wiederholten Verstößen.

3. Datenschutz im HR-Bereich konsequent mitdenken

Das Urteil ist ein Weckruf für Personalabteilungen: Datenschutz im Bewerbungsverfahren ist kein Randthema, sondern Bestandteil der Compliance. Wer hier schludert, riskiert Reputationsschäden und finanzielle Nachteile.

Als externer Datenschutzbeauftragter helfen wir Unternehmen, ihre Bewerbungsprozesse DSGVO-konform zu gestalten – inklusive rechtssicherer Informationspflichten, Einwilligungen und Aufbewahrungsregelungen.

Unser Fazit

Das BAG hat mit seiner Entscheidung die Pflichten der Arbeitgeber im Umgang mit öffentlich zugänglichen Daten geschärft. Unternehmen, die im Bewerbungsverfahren auf Informationen aus dem Internet zurückgreifen, müssen dies transparent machen – sonst drohen DSGVO-Schadensersatzansprüche.

Der Fall zeigt erneut: Datenschutz ist kein theoretisches Risiko, sondern hat konkrete Auswirkungen im Alltag – auch dort, wo man es nicht vermutet. Es lohnt sich, Prozesse frühzeitig auf rechtssichere Beine zu stellen.